Vitamin-Infusionen – flüssiger Segen oder überflüssiger Nepp?

In den letzten Jahren ist ein Trend zu beobachten: Immer mehr Menschen scheinen Vitamine in Form von Infusionen, anstatt Tabletten oder Kapseln einzunehmen. So genannte Drip-Bars und IV-Lounges gibt es mittlerweile auch in Deutschland. Was steckt hinter diesem Trend, was versprechen solche „Vitamincocktails“ und wann sind Infusionen mit Vitaminen wirklich sinnvoll?

Junge, gesund und vital aussehende Influencer, die mit Kanüle im Arm für „Infusionskuren“ werben – auf den einschlägigen Social-Media-Kanälen sind diese ein immer häufigeres Bild. Oftmals werden solche Infusionen damit beworben, dass sie das Immunsystem stärken, die Leistungsfähigkeit steigern oder die Stresstoleranz erhöhen sollen

Was sind Vitamin-Infusionen?

So genannte „Infusionscocktails“ bestehen oft aus einer Kombination von Vitaminen, Mineralstoffen und anderen essenziellen Nährstoffen im Rahmen der so genannten orthomolekularen Therapie. Die genaue Zusammensetzung kann variieren. Häufig enthalten sie eine Mischung aus B-Vitaminen, Vitamin C, Magnesium, Calcium, Zink, Glutathion und Aminosäuren [1, 2]. Je nach Infusionsvolumen und Größe der Vene dauert eine Infusion in der Regel zwischen 20 Minuten und zwei Stunden [2].

Wann sind Vitamin-Infusionen sinnvoll?

Vitamin-Infusionen sind für Menschen geeignet, bei denen ein Mangel einzelner Vitamine oder Mineralstoffe festgestellt wurde. Sie können auch zur Behandlung der Nebenwirkungen bestimmter Medikamente sinnvoll sein [2, 3]. Sie bestehen in der Regel aus einem oder auch mehreren Wirkstoffen, die üblicherweise als Arzneimittel zugelassen sind. Als Basis wird zumeist isotonische Kochsalzlösung verwendet. Hochdosierte Vitamin-Infusionen ohne medizinische Notwendigkeit bergen allerdings die Gefahr einer Überdosierung und einer Belastung von Leber und Niere. 

Durch die intravenöse Verabreichung werden Vitamine und Vitalstoffe direkt in den Blutkreislauf eingebracht, um eine effiziente und schnelle Aufnahme zu ermöglichen. Dadurch wird die begrenzte Resorptionsfähigkeit der Darmschleimhaut umgangen. 

Bei einigen Menschen kann die orale Aufnahme von Vitaminen und Nährstoffen durch Verdauungsprobleme, Magen-Darm-Erkrankungen oder andere Faktoren eingeschränkt sein. So kann beispielsweise ein Vitamin B12-Mangel entstehen, wenn die Aufnahme im Darm gestört ist, zum Beispiel aufgrund einer chronischen Magenschleimhautentzündung (Gastritis), einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa oder nach Teilentfernung des Magens oder Darms. 

Die intravenöse Zufuhr stellt sicher, dass der Körper die benötigten Nährstoffe in ausreichender Menge erhält, da die Dosierungen individuell angepasst werden können, um den spezifischen Bedürfnissen jedes Einzelnen gerecht zu werden [2, 3,4].

Risikogruppen für Vitamin- und/oder Mineralstoffmangel sind unter anderem:

  • Alkoholkranke,
  • Frauen, die hormonell verhüten,
  • Chronisch Kranke (z. B. bei Morbus Crohn),
  • Einnahme bestimmter Medikamente,
  • Diabetiker,
  • Sportler,
  • Senioren,
  • Vegetarier und Veganer [5].

Welche Nebenwirkungen können bei Vitamin-Infusionen auftreten?

Wie bei jeder medizinischen Intervention gibt es auch bei Vitamin-Infusionen potenzielle Risiken und Nebenwirkungen, wie Infektionen, allergische Reaktionen oder Störungen des Elektrolythaushalts. Diese sollten sorgfältig abgewogen werden. Grundsätzlich sollten Infusionen nur durch fachlich ausreichend qualifiziertes Personal wie Ärzte oder Heilpraktiker angewendet werden. Auch mögliche Wechselwirkungen mit der weiteren Medikation sollten von ihnen fachlich beurteilt werden [2]. 

Worauf kommt es an, ob eine Vitamin-Infusion wirklich hilfreich ist?

Es liegen nur sehr wenige Studien vor, welche die Wirksamkeit von hochdosierten intravenösen Vitamintherapien bei Personen ohne Vitamin- oder Mineralstoffmangel belegen.

Neben der Qualität der Präparate entscheidet eine fachgerechte Anamnese, ob und in welcher Dosierung eine Infusion sinnvoll ist.

Die Entscheidung für Vitamin-Infusionen anstatt Tabletten oder Kapseln basiert auf der Suche nach einer effizienteren und gezielteren Nährstoffversorgung. Während die intravenöse Zufuhr einige Vorteile bieten kann, sollten potenzielle Risiken und individuelle Bedürfnisse sorgfältig abgewogen werden. 
 

Quellenangaben